Die Idee nach Liechtenstein zu reisen

Ursprünglich war für 2018 eine Tour nach Andorra und die Sierra Nevada geplant. Die Ziele sollten unter anderem der Comapedrosa und der Mulhacén werden. Insgesamt hatte ich dafür 4 Wochen vorgesehen. Im Juli wurde aber recht spontan ein 2wöchiger Familienurlaub in Finnland eingeschoben. Na gut, die geplante Tour ließe sich auch in 2 Wochen realisieren. Leider musste mein Wagen noch unplanmäßig in die Werkstatt und so blieb im August nur noch 1 Woche über. Die Sierra Nevada wurde nun schon mal wieder auf die Liste der Pläne geschoben. Aber Andorra ließe sich auch in einer Woche umsetzen. Allerdings schreckte mich die Anreise ab. So dass ich vor lauter Verzweiflung selbst die Anreise mit dem Zug, Bus oder Flugzeug in Erwägung zog.

Start der Tour sollte von Donnerstag auf Freitagnacht sein. Mittwochabend plante ich komplett um und suchte ein reizvolles Ziel was näher lag. Nach etlichem Suchen kam ich auf Liechtenstein und die Grauspitz als Bergtour. Über diesen Gipfel hatte ich bisher nur wenig gelesen. Im hikr.org Forum fand man nur wenige Touren und es wurde von unmarkierten Pfaden berichtet. Das klang doch sehr reizvoll. Zu dem sollte die Höhe mit 2.599 m auch für mich als Küstenbewohner ohne Vorbereitung machbar sein. Das Ziel war also gefunden!

Am Donnerstag ging es noch schnell zu Mapfox.de in Kiel, mittlerweile dem Kartenladen meines Vertrauens. Hier konnte ich sogar eine Karte von Liechtenstein im Maßstab 1:50.000 auf Lager erhalten. Am Freitagmorgen ging es gegen 3:30 Uhr auf die knapp 1.000 km lange Strecke. Die Tour verlief völlig stau frei und ich kam am Nachmittag im Fürstentum an.

ein nasser Start

Mein Ziel, der Grauspitz, ist mit 2599 Metern der höchste Berg des Fürstentums Liechtenstein. Der Doppelgipfel des Grauspitz besteht aus Hintergrauspitz (2574 m), auch Schwarzhorn genannt, und Vordergrauspitz (2599 m). Er gehört zum Gebirge Rätikon und befindet sich auf der Grenze zum Schweizer Kanton Graubünden. Die Besteigung kann sowohl von der Schweizer Seite als auch von Liechtenstein erfolgen. Mein Plan war, von Steg in Liechtenstein aufzusteigen. So parkte ich am Stausee (Gänglesee) in Steg. Nach einem Abendmahl ging es bald schon in den Schlafsack. Am nächsten Morgen sollte die Tour zeitig starten.

Gegen 6:00 Uhr ging der Wecker. Es hatte seit meiner Ankunft durchweg geregnet. Nun regnete es immer noch und der Wetterbericht versprach für heute keine Besserung. So blieb ich im Schlafsack liegen und drehte mich wieder um. Bei den Sichtbedingungen machte die Tour keinen Sinn.

Ich verbachte den Vormittag mit frühstücken und lesen. Schaute mir noch den heutigen Almabtrieb an und entschied meine Tour mit Übernachtung auf der Pfälzer Hütte doch zu realisieren. So brach ich gegen 14:00 Uhr auf und folgte die erste Zeit den Fahrweg durchs Valüna. Leider war von der Umgebung nicht wirklich viel zu sehen. Im Naaftal hatte ich dann sogar Schwierigkeiten dem Wegverlauf zu folgen. Nach etwas über 2 Stunden und ziemlich durchnässt erreichte ich die Pfälzer Hütte. Ein Schlafplatz war heute auch ohne Reservierung zu bekommen.

Es wurde ein netter und geselliger Abend mit neuen Bekannten, gutem Essen und das ein oder andere Bier. Das Wetter draußen ließ sich ja eh nicht beeinflussen.

P am Gänglesee
Wegweiser
Almabtrieb

Besteigung der Grauspitz - zumindest 1 von 2

Am nächsten Morgen schien die Sonne und die Umgebung war beeindruckend. Leider zogen immer wieder Wolken auf, die die Umgebung erneut in einen Schleier hüllten. Versuchen wollte ich die Tour trotzdem. Robert und Marc, zwei neue Hüttenbekanntschaften, wollten ursprünglich die Tour ebenfalls machen. Sie entschieden sich aber bei den Bedingungen lediglich den Naafkopf zu besteigen. So machte ich mich nach dem Frühstück allein auf den Weg.

Ausblick
Blick zum Naafkopf
Naafkopf und Grauspitz (Mitte)
Pfälzer Hütte

Meine Route führte mich als erstes wieder zurück in Richtung Steg bis ins Naaftal. Aber das Glück wollte es, dass ich beim Abstieg Katja und Klemens traf. Die Beiden waren auf Seven European Summits Jagd und hatten heute das selbe Ziel. Katja hatte sogar einen Track für unsere Tour auf dem Handy. Dies sollte uns heute einige Male das Suchen erleichtern.

Zwischen 1.700 m und 1.800 m biegt der westwärts verlaufende Weg in einem 90° Bogen nach Norden ab. Kurz dahinter, in Richtung Steg, steht ein Wegweiser wo es nach Westen u.a. zum Rappastein geht. Genau an dieser Biegung folgt man aufsteigend dem eingeschnittenen Bach in südlicher Richtung auf einer Pfadspur. Wir gingen jedoch etwas oberhalb in Richtung des Baches und ersparten uns so ein paar Höhenmeter Ab- und Aufstieg. Wir folgten aufsteigend dem Bach und überquerten diesen im oberen Verlauf. Anschließend ging es nach Süden wo wir bald erneut auf Pfadspuren stießen. Diesen folgten wir nun steiler aufsteigend bis zur Scharte auf dem Grat namens Ijesfürggli (2.348 m). Kurz vor dem Grat entdeckten wir eine Gruppe von 5-6 Steinböcken. Auf Grund des Nebels bzw. der Wolken, in denen wir uns mittlerweile befanden war das Fotografieren der Steinböcke etwas schwieriger. Ich wechselte daher das Objekt an meiner Kamera. Leider war ich dabei mehr als unvorsichtig und mein Rucksack trat allein den Rückweg an. Zum Glück fing er sich nach einer schier endlosen Zeit und blieb ein ganzes Stück von unserem aktuellen Standort liegen. So machte ich an diesem Tag noch einige zusätzliche Höhenmeter im Ab- und Aufstieg. Zum Glück ging bei diesem Missgeschick lediglich eine Tasse verloren.

Katja und Klemens waren inzwischen zum Ijesfürggli aufgestiegen. Hier trafen wir uns wieder und konnten noch einige Zeit die Gruppe Steinböcke beobachten und fotografieren.

Blick ins Valüna
Aufstieg zum Ijesfürggli
Steinböcke im Nebel

Der weitere Weg war nicht schwer auszumachen. Es ging immer auf bzw. knapp nordwestlich neben dem Grat entlang. Leider war die Sicht weiterhin nicht wirklich gut. Es zog jedoch immer noch mal auf und wir konnten direkt zu Beginn des Schlussanstieges einen Blick auf das Gipfelkreuz auf Hinter Grauspitz / Schwarzhorn werfen.  Nach einem kurzen Fotoshooting an der Madonna ging es an die Besteigung des Gipfels. Aussicht hatten wir mittlerweile leider nicht mehr. Auch sollte dies leider bis zum Abstieg ins Tal so bleiben. Wir genossen trotzdem den Moment am Gipfel auf 2.574 m Höhe. An diesem Tag waren wir nicht die ersten auf dem Gipfel, wie uns das Gipfelbuch verriet. Auch wenn wir bis hierhin niemanden trafen.

Katja und ich machten uns auf, zumindest den Übergang auf dem Grat zu unserem eigentlichen Ziel, Vordere Grauspitz, zu versuchen. Mit etwas Kletterei schafften wir knapp 200 m bevor es recht steil nach unten ging. Aber auch hier wäre es durchaus machbar gewesen. Da wir aber nicht ansatzweise den weiteren Verlauf erkennen konnten, auch vom Gipfel nichts zu erkennen war, brachen wir unser Vorhaben ab. Mir fiel diese Entscheidung nicht leicht und Katja ging es nicht anders. Aber bei den Bedingungen war dies die einzig richtige Entscheidung. Die Alternative vom Schwarzhorn etwas abzusteigen und diesen südlich über ein Geröllfeld zu umgehen um dann auf den Grat zwischen beiden Gipfeln wieder aufzusteigen, war heute auf Grund der mangelnden Sicht ebenfalls mehr als töricht gewesen. So blieb uns nichts weiter über, als den Rückzug anzutreten.

Schlussanstieg
Madonna
Hinter Grauspitz / Schwarzhorn 2.574m

Als wir aufbrechen wollten kam noch ein Paar am Gipfel an. Sie wollten ebenfalls weiter zum Nachbargipfel, ob sie es wirklich versucht haben bzw. geschafft haben, haben wir nicht mehr mitverfolgt. Wir machten uns an den Abstieg. Als wir am Grat ankamen konnten wir noch eine Gruppe von Schneehühnern (?) erblicken. Was es tatsächlich waren, darüber war sich unsere Gruppe nicht ganz einig. Beim Abstieg vom Ijesfürggli ins Naaftal kam uns noch einen junges Paar entgegen. Katja und Clemens hatten die beiden vor kurzer Zeit am Gran Paradiso, dem mit 4.061 m höchsten Berg Italiens, getroffen. Die Beiden waren ebenfalls Seven European Summits Jäger, allerdings mit dem Ziel das Projekt innerhalb von 7 Wochen zu realisieren. Am gestrigen Tag mussten Sie beim Versuch die Dufourspitze, mit 4.634 m höchste Erhebung der Schweiz, zu besteigen kurz vor dem Gipfel wegen Neuschnees abbrechen. Heute sollte es also auf die Grauspitz als Alternative gehen. Das nenne ich mal ambitioniert!

Für uns ging es nun entspannt zurück nach Steg. Von hier fuhr ich Katja und Clemens noch in den Nachbarort Malbun, von wo aus die Beiden gestartet waren. Ich fuhr an diesem Nachmittag noch zum Fuß der Zugspitze, meinem nächsten Ziel. Auf dem Weg dorthin kehrte ich aber in Österreich noch ein und ließ es mir richtig schmecken. Eines stand auf jeden Fall fest, ich werde nach Liechtenstein für zumindest eine weitere Bergtour zurückkommen!

Schneehühner (??)
Farbklecks im grau
Grenzstein am Ijesfürggli